Der wahre „Tag der Befreiung“

bei Christoph Mäder, Präsident d'economiesuisse

In den letzten Wochen war häufig vom „Befreiungstag“ die Rede. Der eigentliche „Tag der Befreiung“ ist jedoch der 8. Mai 1945, der Tag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht, der das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa bedeutete. Nach Jahren der Unterdrückung, des Leidens und der Zerstörung keimte wieder Hoffnung auf. Europa war frei, hatte jedoch einen hohen Preis bezahlt: Millionen von Toten und ganze Städte und Regionen lagen in Trümmern.   


Als Kinder erlebten meine Eltern und ihre Generation den Zweiten Weltkrieg. Sie befanden sich zwar in einem Land, das von Kriegshandlungen verschont blieb, aber dennoch waren sie nachhaltig von der Bedrohung durch Nazi-Deutschland geprägt. Da es bald keine Zeitzeugen mehr geben wird, ist es umso wichtiger, die Erinnerung an das Ende dieses Konflikts zu bewahren.   


Freiheit und Sicherheit sind niemals selbstverständlich.

Der 8. Mai steht für den Sieg über die Tyrannei. Die Erinnerung an dieses Datum mahnt uns, Freiheit und Sicherheit niemals als selbstverständlich zu betrachten. Achtzig Jahre später gedenken wir der Opfer und würdigen diejenigen, die zur Befreiung beigetragen haben – Soldaten, Widerstandskämpfer, Zivilisten. Ihre Opferbereitschaft hat die Freiheit ermöglicht, die wir heute genießen. Vor allem aber erinnern wir uns daran, dass Freiheit zerbrechlich ist. Sie erfordert Mut, Wachsamkeit und Verantwortung. Der 8. Mai erinnert an diese Werte, auch und gerade im aktuellen Sicherheitsumfeld, das sich mit dem Krieg in der Ukraine erheblich verschlechtert hat.    


Wir werden niemals kapitulieren!

Wenn wir an den 8. Mai denken, denken wir an Winston Churchill, der als Premierminister Großbritannien durch die dunkelsten Stunden geführt hat. Seine Reden gaben Hoffnung und seine Gelassenheit inspirierte. Sein Satz „We shall never surrender“ wurde zum Inbegriff des Widerstands. Churchill vereinte die Nationen gegen die Nazi-Herrschaft. Seine Entschlossenheit stärkte die Alliierten. Ohne ihn wäre der Sieg vor achtzig Jahren vielleicht nicht möglich gewesen.   


Der 8. Mai ist mehr als nur ein historisches Datum. Sein Gedenken ist Ausdruck des Triumphs der Menschheit und der Kraft des gemeinsamen Handelns. Aus den Trümmern der Vergangenheit erbaut, hat sich Westeuropa insbesondere dank der Europäischen Gemeinschaft zu einem Kontinent der Zusammenarbeit und des wirtschaftlichen Erfolgs entwickelt. Bis 1989 stand die Verteidigung gegen die kommunistische Gefahr im Vordergrund. Danach konnten sich Freiheit, Sicherheit und Demokratie auf dem Kontinent weiter ausbreiten. Die Vergangenheit muss uns jedoch zur Vorsicht mahnen: Ein Wiederaufleben von Nationalismus, Hass und Intoleranz ist immer möglich.   


Die Folgen des Krieges sind auch an der Schweiz nicht spurlos vorübergegangen. Zwar blieb unser Land von Kriegshandlungen verschont, doch Isolation, wirtschaftlicher Druck und moralische Herausforderungen haben ihre Spuren hinterlassen. Auch für uns ist der 8. Mai Anlass zur Selbstreflexion – über Verantwortung, Solidarität und unsere Rolle in einem freien Europa. Neutralität darf niemals gleichbedeutend sein mit Gleichgültigkeit. Hier wie anderswo ist Freiheit ein Gut, das es jeden Tag zu pflegen gilt.   


Heute, im Jahr 2025, stehen wir erneut vor Herausforderungen in Form von Konflikten, Populismus und globalen Krisen, die grundlegende Werte bedrohen. Der Geist des 8. Mai kann uns Kraft geben, diese Herausforderungen zu meistern. Er erinnert uns daran, dass Freiheit verteidigt werden muss. Lassen wir uns von Churchills Haltung inspirieren – seine Entschlossenheit und sein Glaube an die Freiheit müssen uns Vorbild bleiben.    


Christoph Mäder
Präsident economiesuisse


Amerika hat seine Wahl getroffen
Von Vincent Riesen, Direktor CCI VS